Der Name verpflichtet. Kaum eine andere Bezeichnung, sieht man vielleicht von Hondas legendärer African Twin ab, umhüllt ein Motorrad mit ähnlichem Abenteurer-Flair, wie das Wort "Ténéré". In den 80ern feierte Yamaha mit ihr Seriensiege bei der Dakar und damit verbunden Verkaufserfolge über den gesamten Erdball, ehe die Baureihe mit der XTZ 660 Ténéré 1998 mangels genügend Nachfrage eingestellt wurde. Erst 2008 wagte man sich an ein Comeback und ließ die Legende mit der XT 660 Z Ténéré neu aufleben, zwei Jahre später wurde dem Einzylinder die große XT 1200 Z Super Ténéré zur Seite gestellt.
Ich konnte das 2012er-Modell der großen Ténéré in der "Midnight-Black-Version" ausführlich durch den Wienerwald bewegen und wurde dabei weitestgehend in meinen Erwartungen bestätigt. Wenn sie da vor einem steht, wird schon auf den ersten Blick klar, worauf die Yamaha-Macher abzielten: So wie später etwa auch Triumph mit dem Tiger Explorer oder Honda mit dem Crosstourer, wollten sie sich ein Stück vom GS-Kuchen des Marktführers aus Bayern abschneiden und bauten einen Reiseriesen, in dessen Lastenheft Sportlichkeit zum Leidwesen manch eingefleischter "Ténéréisten" nicht auf den vordersten Seiten stand.
Herausgekommen ist dafür ein sehr ausgereiftes, fast makellos wirkendes Motorrad, mit dem es sich auch zu zweit komfortabel, bequem und flott reisen lässt, ausgetattet mit einem wartungsarmen Kardanantrieb und jeder Menge technischer Highlights, wie etwa einer 2-stufigen Traktionskontrolle, die sich fürs Gelände auch wegschalten lässt. Der in zwei Programm-Modi fahrbare Reihen-Zweizylinder besticht durch Laufruhe und kernigen Sound, die 110 PS merkt man ihm aber nicht wirklich an – mitunter hätte ich mir beim Rausbeschleunigen aus der Kurve mehr Bums gewunschen, vor allem im oberen Drehzahlbereich gibt er sich leistungsmäßig ein wenig zugeschnürt, selbst im agileren Sportmodus. Dafür packen die Bremsen energisch zu, dass es besser fast nicht sein könnte. Übrigens mittels Integral-Bremssystem, das beim Ziehen des Handbremshebels auch die Hinterradbremse mitaktiviert. Beim Abstecher auf Feld- und Schotterwege fühlte ich mich trotz des stolzen Gewichts von vollgetankt über 260 kg wohler als z.B. mit dem Tiger Explorer - ein Federweg von 190 mm vorne wie hinten sorgt dafür, dass das ohne Werkzeug voll einstellbare Fahrwerk auch abseits ashphaltierter Wege nie überfordert wirkt. Der 23-Liter-Tank lässt in Anbetracht des Testverbrauchs von 6,5 Liter/100 Kilometer selbst bei flotter Fahrweise Reichweiten von um die 350 Kilometer zu, ein ordentlicher Wert für eine Reiseenduro. Der Windschutz ist gut und lässt einen in Verbindung mit der komfortablen Sitzbank auch vor langen Etappen nicht zurück schrecken - genau dafür ist die große Ténéré ja gebaut.
Fazit: Mit der XT 1200 Z Super Ténéré hat auch Yamaha wieder eine große Reiseenduro im Programm, welche den Anforderungen der Zeit entspricht, die da offenbar überall "größer, dicker, stärker" heißen. Trotz seines hohen Kampfgewichts lässt sich das Motorrad ähnlich wie ihre direkten Konkurrenten fast spielerisch durchs Winkelwerk kurviger Landstraßen dirigieren und fühlt sich auch in engsten Kehren eigentlich nie unwohl. Genauso macht die Japanerin, die es - als Pendant zur "Adventure"-Version bei BMW - auch in einer "Worldcrosser"-Variante mit verschiedenen Anbauteilen für die große Reise gibt, auch vor Schotterstraßen nicht halt und erscheint mir dort einen Tick souveräner als etwa der Tiger Explorer von Triumph. Dafür kommt der Motor punkto Temperament und Agilität nicht annähernd an diesen (bzw. die große GS) heran, was für mich persönlich bei dieser Art von Bike schon auch ein nicht unwesentliches Kriterium wäre.
© 11/2012
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