Die Bilder vom brennenden Gästehaus meiner albanischen Freunde in Theth haben offenbar nicht nur mich geschockt, sondern auch die mittlerweile schon wirklich große Bike-on-Tour-Community berührt. Anders ist das unglaubliche Ergebnis meiner Spendensammlung für die Familie Guri nicht zu erklären. Schon nach wenigen Tagen wurde das von mir ursprünglich als zu optimistisch erwartete Spendenziel von 5.000 Euro ob der tollen Beteiligung nach oben revidiert, insgesamt konnten wir die unglaubliche Summe von € 9.000,00 übergeben. Die genaue Zusammensetzung des Betrages seht ihr hier:
Exakt kamen bei der Sammlung (siehe Aufstellung) 8.941,16 Euro zusammen, die ich (neben dem von mir einbezahlten Betrag von 200 Euro) auf die gespendete Summe aufrundete. Ich muss gestehen, dass ich noch nie so stolz darauf gewesen bin, dass es Bike on Tour gibt und was diese stetig wachsende Community an Motorradreisenden gemeinsam zu vollbringen vermag. Natürlich sind unter den vielen Spendern (insgesamt 259) auch einige dabei gewesen, die auf meinen Spuren schon in Theth gewesen sind und die Gastfreundschaft der Familie Guri am eigenen Leib verspürten – aber auch viele, die noch nie dort gewesen sind und nach eigenen Angaben wohl auch kaum hinkommen werden. Das ist gerade in Zeiten wie diesen, wo durch Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und extrem hoher Teuerungen jeder selbst schauen muss, wo er bleibt, alles andere als eine Selbstverständlichkeit! Dieses Vertrauen, das die Leute in erster Linie in meine Person setzen, berührt mich sehr und wird von mir als "Auftrag" gewertet, damit auch in Zukunft sehr sorgsam umzugehen. Sei es mit Empfehlungen, die wohl überlegt sein müssen, oder auch bei meinen Tests, wobei ich da sowieso immer das sage, was ich mir denke…
Wie sagt man so schön: wer schnell und unkompliziert hilft, hilft doppelt. Daher habe ich auch nicht lange über eine (nach Albanien komplizierte sowie mit weiteren Nebenkosten verbundene) Überweisung des Betrages nachgedacht, sondern mich einfach spontan auf die Husqvarna Norden 901 gesetzt, um das Geld persönlich zu überbringen. Da ich mir aber leider nur vier Tage freischaufeln konnte und ich auch zumindest einen halben Tag vor Ort verbringen wollte, war natürlich Strecke machen angesagt. Am ersten Tag sind es exakt 1.123 Kilometer im (komfortablen) Sattel der Husky gewesen, ca. 900 davon auf der Autobahn, der Rest auf schönen Bergstraßen in Bosnien und Montenegro, wo ich dann allerdings von der im November früh einsetzenden Dunkelheit "überrascht" wurde und mir in Niksic, ca. 50 Kilometer vor dem ursprünglich anvisierten Podgorica, ein Quartier für die Nacht suchte.
Trotzdem war ich dann schon wie erhofft am nächsten Vormittag in Theth. Es ist unbezahlbar gewesen, meinen alten Kumpel Jimmy wieder zu sehen sowie die Emotionen zu spüren bzw. die Dankbarkeit in den Augen von Leuten, die vor kurzem noch vor den Trümmern ihres Lebenswerkes gestanden waren, mittlerweile aber wieder vollen Mutes und Tatendrang den Wiederaufbau in Angriff genommen haben. Zu dem wir zusammen als Community auch einen Teil betragen können, sind doch die 9.000 Euro nicht nur mehr als eine Million albanische Lek, sondern dort unten vor allem von der Kaufkraft zumindest das doppelte, wenn nicht dreifache dessen wert, als sie es in unseren Breiten wären. "Ich habe fünf Söhne, und so lange ich und sie leben, werden alle Motorradfahrer von Bike on Tour hier im Tal sicher sein, wir ihnen helfen, wenn sie Probleme haben“, sagte der sichtlich gerührte Vater, der mich in der Emotion quasi adoptierte und als seinen "sechsten Sohn" bezeichnet und dem ich als Familien-Oberhaupt das Geld übergab. Sokol, einer der fünf Brüder, der seine Brötchen als Buschaffeur verdient und zwischen Albanien und Griechenland pendelte, "leitet" hat als Haupt-Investor den Wiederaufbau des Hauses, das künftig ein Stockwerk mehr als davor haben wird.
Wie mir er, Jimmy, Nik und Jetmir stolz verrieten, werden als Zeichen ihrer Dankbarkeit zwei der Gästezimmer als "Bike-on-Tour-Zimmer" eingerichtet, mit vielen Fotos und möglicherweise auch Souvenirs mit Bike-on-Tour-Logo in einer Glasvitrine präsentiert bzw. zum Kauf angeboten. Ein Zimmer mit sechs Betten sowie eines für ein Pärchen bzw. Alleinreisende mit zwei Betten. Dazu soll es künftig am Haus der Vila Vllezrit Guri (zu Deutsch "Villa Brüder Guri") ein Schild "Rebuilt with the Support of Bike on Tour" und davor zwei Motorrad-Parkplätze "Reserved for Bike on Tour" geben. Schöne Gesten, die mir natürlich gefallen, aber nicht so wichtig sind, wie die Tatsache, dass wie ihnen beim Wiederaufbau ein wenig helfen konnten.
Ob das Haus schon im nächsten Jahr wieder fertig gestellt sein wird, ist noch unsicher bzw. wohl eher unwahrscheinlich, 2024 wird es aber spätestens auf alle Fälle so weit sein. Und dann planen wir, voraussichtlich im Juni 2024, ein großes Re-Opening-Festival über 2-3 Tage, zu dem ich mit Sozia kommen werde und zu dem natürlich alle Motorradreisenden herzlich eingeladen sind. Neben Live-Musik, die Jimmy organisieren will, werde ich mit den Gästen z.B. die (zumindest bislang noch) unasphaltierte Südroute und andere Tagestouren fahren, während Jimmy (absolut empfehlenswerte) Wanderungen in den umliegenden Bergen führen und dabei viel von der unberührten Natur dort zeigen wird. Für genügend Betten sollte gesorgt sein und es wird auch die Möglichkeit geben, auf der Wiese unterhalb des Hotels sein Zelt aufzustellen. Vielleicht ist das ja eine gute Gelegenheit, sich das Ganze auch einmal vor Ort anzusehen oder auch – für alle, die schon dort gewesen sind – Jimmy und seine Brüder wieder zu sehen, bzw. auch Mel und mich persönlich kennenzulernen. Jedenfalls wird der Termin zeitgerecht im Jänner/Februar 2024 bekannt gegeben werden, damit man es auch in seine Urlaubsplanungen mit einbeziehen kann. Schließlich ist nicht jeder verrückt genug, spontan mal für vier Tage runter zu rauschen…
Nach dem "offiziellen" Teil verbrachten Jimmy und ich noch einen netten Abend. Erst ging's über leiwande unbefestigte Wege im Auto zu einem Restaurant, wo auch ein paar albanische GS- bzw. KTM-Fahrer speisten, anschließend nächtigte ich im 100 Jahre alten Haus von Jimmys Großvater, das er sich nach seiner Rückkehr aus den USA in Eigenregie herrichtete. Wir hatten richtig gute Gespräche bei selbst gebranntem Raki und Bier. Beeindruckend, wie einfach für unsere Verhältnisse Jimmy zusammen mit einer Katze sowie einem Hund lebt und wie sehr im Einklang mit der Natur, ist er doch mit seinen Hühnern und Gemüsegarten praktisch Selbstversorger. Am Schluss ließ er es sich nicht nehmen, die Taschen der Husqvarna bis aus den letzten verfügbaren Platz mit Kastanien, Walnüssen, Haselnüssen und dem "Mountain-Tea" von Kräutern aus seinem Garten anzufüllen, bevor es für mich wieder auf den Weg zurück ging.
Am Heimweg entschied ich mich, über Serbien und Ungarn zu fahren, womit ich 2022 allein mit der Husqvarna Norden 901 in 23 (!) verschiedenen Ländern (Albanien, Andorra, Bosnien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Monaco, Montenegro, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn) gewesen bin. Aber das ist eine andere Geschichte. Diese hier führte mich dann zumindest am dritten Tag noch über schöne Strecken und natürlich konnte ich in Montenegro und auch Serbien nicht widerstehen, den einen oder anderen unbefestigten Weg unter die Speichenräder zu nehmen. Weshalb dann an Tag vier nach einer Übernachtung im Hotel Olimp in Zlatibor wieder gut 820 Kilometer auf mich warteten, von denen ein Großteil dann doch wieder auf der Autobahn absolviert werden wollte. Die letzten etwa 250 von Budapest nach Wien im strömenden Regen. Trotzdem habe ich den Ausflug keine Sekunde bereut, auch mit dem Wissen, das unser gemeinsam gesammeltes Geld dringend benötigt wurde und entsprechend zweckorientiert verwendet wird.
Alleine hätte ich nicht helfen können, aber als Gemeinschaft haben wir einiges bewegt. DANKE DAFÜR AN ALLE, DIE SICH DARAN BETEILIGT HABEN!
Mein neuer Helm:
Seit März fahre ich mit dem Touratech Aventuro Pro Carbon Jetzt bereit zur Anprobe & Testfahrt bei www.touratech.at
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Reisen ist tödlich
für Vorurteile.
Mark Twain
Unter Motorradfahrern gibt es keine Fremden - nur Freunde, die man noch nicht getroffen hat.
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