Als Einzelkämpfer ist es für mich nicht einfach bzw. fast unmöglich, einen ordentlichen "Vergleichstest" aufzuziehen. Natürlich kann ich Motorräder miteinander vergleichen, sie an ein und demselben Tag unter denselben Bedingungen zu fahren, ist aber schwer in die Tat umzusetzen. Am ehesten bei Reifentests, aber dort liegt die Aufmerksamkeit dann doch ganz woanders. Da kam die Anfrage von Nasty Nils gerade recht, ob ich beim großen Mittelklasse-Reiseenduro-Vergleichstest von 1000 PS mitwirken wolle.
Nach kurzen Überlegungen war klar, dass daraus eigentlich nur eine Win-Win-Situation für sämtliche Beteiligten entstehen könnte: Ich verbrachte zwei arbeitsintensive aber hochinteressante Tage in der schönen Steiermark, das 1000-PS-Team hatte einen feschen Burschen mehr, der mörderisch fährt, sich unglaublich gut auskennt oder zumindest g'scheit daherreden kann. Und – was mir natürlich besonders wichtig ist – die immer größer werdende Gemeinde an Lesern (bzw. Sehern) von Bike on Tour (TV) hat letztlich auch was davon! Denn neben der Video-Reihe und den Berichten auf 1000 PS, deren Konsum ich euch nur wärmstens empfehlen kann, habe auch ich meine Eindrücke hier ausführlich niedergeschrieben bzw. ein Video davon gemacht. Herausgekommen ist ein Reiseenduro-Vergleich aus der subjektiven Wolfsperspektive, ohne Markenbrille, aber mit persönlichen Präferenzen oder Vorlieben des Motorradreisenden mit dem Hang zu unbefestigten Wegen gewürzt. Gut sind sie alle sieben auf ihre Art, sechs Reiseenduros der sogenannten Mittelklasse um die 1000 Kubik oder etwas darunter von BMW, Ducati, Honda, KTM, Moto Guzzi und Triumph sowie – ein wenig "außer Konkurrenz" – die neue Triumph Scrambler 1200 XE, die ja mit großer Geländekompetenz und umfangreicher Ausstattung, wie man sie sonst nur bei Reiseenduros kennt, daherkommt.
Für euch am Start: BMW F850 GS Adventure Rallye, Ducati Multistrada 950 S, Honda CRF1000L Africa Twin DCT, KTM 790 Adventure, Moto Guzzi V85TT, Triumph Tiger 800 XCA und eben die Triumph Scrambler 1200 XE. Yamahas mit Spannung erwartete Tenere 700 war zum Zeitpunkt des Tests leider noch nicht verfügbar (wird aber so bald wie möglich auch vom Wolf gefahren) und die gute Suzuki V-Strom 1000 wurde auf der Anreise beschädigt, weshalb zwei wichtige Vertreter dieser Klasse leider nicht dabei sein konnten.
Mit 113 PS ist die Ducati Multistrada 950 S nicht nur nominell die stärkste im Testfeld, sie entpuppte sich auf den kurvigen Landstraßen rund um den Formel-1-Ring in Spielberg auch als das sportlichste Motorrad. Schon als "normale" 950er hatte sie mir 2017 im Test gut gefallen hat, mit dem S-Update im Modelljahr 2019 steckt punkto Ausstattung nun aber schon richtig viel von der Multi 1260 drinnen. Nicht nur nach außen hin gut ablesbar im Fünf-Zoll-TFT-Farbdisplay der großen Schwester, sondern vor allem auch in Features, die dem Fahrverhalten bzw. -komfort zugute kommen. Der Quickshifter arbeitet süchtig machend, das elektronisch verstellbare Skyhook-Fahrwerk spielt auf der Straße alle Stückerl, das 19-Zoll-Vorderrad lässt sich wie ein 17-Zöller in die Kurve drücken, die relativ tiefe Sitzposition ist zwar nicht sonderlich aktiv, von der Ergonomie mit meinen 1,75 aber wunderbar. Erster Verfolger der Multi auf der Landstraße ist die Scrambler 1200, die zwar nominell "nur" 90 PS ans Hinterrad bringt, durch das mächtige Drehmoment von 110 Newtonmeter aber in praktisch jeder Situation kräftig anschiebt. Etwas schwieriger zu handeln, verlangt sie nach forschem Druck am Lenker bzw. einer geübten Hand, belohnt dafür aber mit einem "erwachsenen" Naked-Bike-Fahrerlebnis. Die KTM-Gene der Sportlichkeit trägt auch die 790 Adventure in sich, wo alles etwas härter als bei den direkten Reiseenduro-Konkurrenten mit Gelände-Kompetenz abläuft, was der engagierten Kurvenhatz zugute kommt – so wie auch der Reihenzweizylinder, der dich in Verbindung mit dem am besten funktionierenden Quickshifter im Testfeld förmlich zum Pässe-Heizen auffordert. Dass der Schaltautomat im Unterschied zur 790 Duke als Extra bezahlt werden will, spielt in diesem Vergleich, in dem die KTM nach der Moto Guzzi das zweitgünstigste Bike ist, keine Rolle.
Punkto Sportlichkeit in einer Liga spielen BMW F850 GS, Honda Africa Twin und Triumph Tiger 800, die alle genauso wie die KTM 95 PS leisten und damit jeweils auch noch für den A2-Führerschein auf 48 gedrosselt werden können.
Wobei die Honda als 1000er nicht nur den "erwachsensten" Klang in den Ring wirft, sondern auch ihr Alleinstellungsmerkmal, das DCT-Doppelkupplungsgetriebe. Immer wieder beeindruckend, wie gut das mittlerweile funktioniert – im normalen Drive-Modus fährt es mir für meine Schaltgewohnheiten zwar nach wie vor viel zu niedertourig, in Sport 2 oder 3 kann man es aber schon ganz schön krachen lassen.
Für sportliche Gangart getrimmte Fahr-Modi, bei denen die Traktionskontrolle etwas später regulierend eingreift, haben aber auch BMW und Triumph an Bord, wobei der fauchende Triple der Tiger bei hoher Drehzahl noch einen Tick agiler erscheint, als das vergleichsweise "brave" Triebwerk der Adventure, die sich aber nicht nur wegen des gut funktionierenden Quickshifters ebenfalls durchaus in den "Angriffsmodus" schalten lässt.
Ein wenig ins Hintertreffen gerät in dieser Kategorie die fesche V85TT von Moto Guzzi, die mit 80 PS nicht nur die schwächste im Starterfeld ist, sondern von der ganzen Anmutung und Ergonomie mehr Cruiser- als Racergene in sich trägt. Dennoch lässt sich natürlich auch sie zügig über kurvige Land- und Passstraßen bewegen.
In dieser Kategorie spielt die Guzzi ihre Vorzüge aus. Mit der eher passiven Sitzposition – man sitzt mehr "im" als "auf" dem Motorrad – und dem erwachsen vor sich hinbollernden Triebwerk fühlt man sich auf Anhieb wohl auf dem Motorrad, die 170 Millimeter Federweg nehmen auch sehr schlechten Straßen ihren Schrecken. Da will man gar nicht mehr absteigen, was man in Anbetracht des satten Tankvolumens von 23 Liter und eines moderaten Verbrauchs (im "Krone"-Test meines Kollegen Stephan Schätzl begnügte sie sich mit 4,5-5 Liter auf 100 Kilometer) auch nicht allzuoft muss.
Nicht verstecken muss sich punkto Komfort auch die Africa Twin – irgendwie schaffen es die Honda-Ingenieure mit der "weichen" Abstimmung, ein Bike auf die Speichenräder zu stellen, dass den Spagat zwischen Sportlichkeit, Komfort und Offroad-Tauglichkeit extrem gut hinbekommt, die bequeme Sitzbank tut ihr übriges zum hohen Wohlfühl-Faktor.
Angenehm dahingleiten lässt es sich auch mit Tiger 800, GS 850 oder Ducatis Multistrada 950, bei der 790 Adventure ist alles irgendwie einen Tick härter. An sich kein Problem und wäre mir in einem Test bislang auch kein Wort der Kritik wert gewesen, im direkten Vergleich – wenn du von einem Motorrad aufs nächste steigst – fallen dir dann aber solche Nuancen doch auf. Gilt genauo auch für die oben erwähnte Sportlichkeit, sind sich die Testkandidaten, mit Ausnahme der Scrambler 1200, doch alle sehr ähnlich. Stichwort Scrambler: Für ein Nakedbike wäre der Komfort schon aufgrund der großen Federwege sehr gut, im Vergleich mit den Reiseenduros fährt die Triumph dann aber doch hinterher.
Sobald man die befestigten Wege verlässt, zeigt die KTM 790 Adventure der Konkurrenz den Auspuff, dazu braucht es nicht einmal das R in der Typen-Bezeichnung, das bei den Mattighofenern fürs Offroad- bzw. Topmodell steht. Dabei verfügt die Österreicherin mit 200 Millimeter vorne wie hinten bei weitem nicht über die größten Federwege der Testkandidaten, hinkt sie in diesem Bereich nicht nur der mächtigen Scrambler 1200 XE (250/250) hinterher, sondern auch Honda Africa Twin (230/220), BMW F 850 GS Adventure Rally (230/215) und Triumph Tiger 800 XCA (220/215). Die beispielhafte Ergonomie und vor allem der niedrige Schwerpunkt machen das aber wett, keines der anderen Motorräder lässt sich derart locker über Schotter bewegen, wie die KTM, die vor allem dank des tief platzierten Tanks auch anspruchsvollere Geländepassagen mit Bravour nimmt. Wer's dann noch gröber haben will, greift zum R-Modell mit 240 Millimeter vorne sowie hinten und hat dann eine wirkliche Offroad-Waffe. Eine solche ist auch die Triumph Scrambler 1200 XE – zumindest nominell. Auch mit ihr will man förmlich über die Pisten fliegen, selbst grobes Gestein und Felsstufen können dem Öhlins-Fahrwerk mit der 47-Millimeter-Upside-Down-Gabel nur einen müden Grinser entlocken. Der hohe Schwerpunkt macht es aber in der Praxis dann doch etwas schwieriger im Gelände als mit der KTM.
Trotzdem muss sich die Scrambler keinesfalls vor offroad-bewährten Reiseenduros wie ihrer "Triumph-Schwester" Tiger 800 XCA oder Hondas Africa Twin verstecken, von deren Qualitäten ich mich abseits befestigter Wege schon lange vor diesem Vergleichstest ausgiebig überzeugen konnte und die sie auch in diesem bestätigten bzw. untermauerten. Das WP-Fahrwerk der Tiger zählt mit zu den besten, die serienmäßig in Motorräder verbaut werden, auch punkto Serien-Fußrasten könnten sich viele an den Engländern ein Beispiel nehmen. Und die Africa Twin punktet neben ihrer wunderbaren Ergonomie auch mit dem DCT-Getriebe, das speziell Offroad-Einsteigern das Fahren in heiklen Schotterpassagen erleichtert, da man keine Sekunde ans Kuppeln bzw. die Gangwahl verlieren muss. Das wiegt dann fast das doch stolze Gewicht einer Doppelkupplungs-Twin von doch 242 Kilo vollgetankt auf. In dieser Gewichtsklasse spielt auch die F850 GS Adventure, mit der man – hat man sich erst einmal an das bullig-voluminöse Äußere gewöhnt – genauso weit kommt, wie mit den direkten Konkurrenten aus England bzw. Japan. Auch die BMW kann mit einer hervorragenden Ergonomie sowohl sitzend als auch beim stehend fahren aufwarten, dazu kann man das Dynamic ESA-Fahrwerk hinten jederzeit per Knopfdruck verstellen. Sehr gut umgesetzt ist der Enduro-Pro-Fahrmodus, ähnlich zum Offroad-Pro-Pedant der Tiger.
Klar, dass da die Guzzi nicht ganz mithalten kann. Dennoch fühlte ich mich auf ihr im Schotter wohler, als manch Mitstreiter beim Test, was womöglich auch an meiner überschaubaren Körpergröße von 1,75 Metern liegen könnte. Jedenfalls passte das sowohl beim Sitzen als auch im Stehen, wo mich der gute Knieschluss auch immer wieder dazu verleitete, das Ding im Offroad-Mode ein wenig im Drift um die Ecke zu bewegen. Macht Spaß und funktioniert besser, als ich ihr zugetraut hätte.
Schlusslicht abseits befestigter Wege war im direkten Vergleich mit der Konkurrenz die Ducati Multistrada. Solange man sitzt, in etwa auf dem Niveau der V85TT, wenn man dann aber in die Rasten steigt, passt die Ergonomie für mich nicht mehr. Feld- und halbwegs moderate Schotterwege sind aber auch mit der 950er kein Problem – und mehr werden der Diva die wenigsten jener, die knapp 18 Tausender für sie auf den Tisch geblättert haben, im richtigen Leben zumuten wollen…
Ich habe wirklich lange überlegt, wie ich in dieser Kategorie "werten" solle. Da wurde im Kopf schon der Moto Guzzi ein Wolf abgezogen, weil sie "nur" 80 PS hat, dann wieder hatte die KTM wegen der etwas härteren Sitzbank einen verloren, ehe ich mir plötzlich nicht mehr sicher gewesen bin, ob die Ducati die Langstreckentauglichkeit von Honda, Triumph (Tiger) oder BMW erreicht. Letztlich bin ich dann aber doch bei der Überzeugung angelangt, dass alle Reiseenduros im Test perfekt für die Reise sind. Federwege von (zumindest) 170 bis weit jenseits der 200 Millimeter, Windschild, Wetterschutz, ordentliche Möglichkeiten zur Gepäcksunterbringung machen sie fit für die große Tour, auf guten wie auf schlechten Straßen. Nur weil eine Offroad weniger kann ist sie deshalb nicht gleich weniger reisetauglich, setzt doch jeder ganz andere Prioritäten. Einzig mit der Scrambler 1200 muss man hier doch klare Abstriche machen, tolle Fahreigenschaften off- und onroad machen noch lange kein Reisemotorrad. Natürlich kann man auch mit der schönen Triumph auf die große Tour gehen, puristisch, so wie früher einmal, schon auf der ersten Autobahnetappe wird man aber – dem Fahrtwind voll ausgesetzt – das Tagesziel herbei sehnen…
Und wo ist er jetzt, der Testsieger? Gibt's keinen. Einfach nur die Wölfe zusammenzählen, die ich in den einzelnen Kategorien vergeben habe, bringt wenig. Sie können aber Anhaltspunkt sein, wenn man das eigene Lastenheft, die einem persönlich wichtigen Anforderungen an eine Reiseenduro zur Hand nimmt. Außerdem gäbe es da auch noch die nicht unwesentliche Kategorie Preis-Leistungsverhältnis, reicht doch die Preisspanne der angetretenen Motorräder von (in Österreich) 12.990,00 Euro für Moto Guzzis V85TT bis hin zu den stolzen 17.900,00 der Triumph Scrambler 1200 XE, die serienmäßig ebenso fast alle nur denkbaren Features mit an Bord hat, wie die Tiger 800 XCA um 16.500,00. Und was unsere rundum top-ausgestattete BMW F850 GS Adventure (Grundpreis 15.000,00 Euro) kostet, wollte ich mir lieber gar nicht ausrechnen, das ist nicht mehr Mittelklasse.
Weil ich aber jede von ihnen irgendwie mag und damit auch auf Tour gehen würde, habe ich mir überlegt, wo ich mit ihr spontan hinfahren würde, hätte ich sie für eine Reise zur Verfügung – in alphabetischer Reihenfolge. Wobei ich dann zum Schluss, wenn ich von den natürlich nicht stur ernst gemeinten Reisen (weil man ja mit jeder überall hinkann) zurück bin, vielleicht doch verrate, welche ich mir daheim in die Garage stellen würde.
Würde sich doch gut machen, dieses imposante Motorrad, am Mitternachtssonnen-Foto oben am Nordkap. Über die Reichweite brauchst dir beim 23 Liter-Fass in Verbindung mit dem moderaten Verbrauch keine Gedanken machen – aber wenn der Sprit dann doch langsam zu Ende geht, wird dir das nirgendwo so schön angezeigt, wie auf dem großen 6,5-Zoll- TFT-Farbdisplay der BMW, das selbstredend aber noch unzählige andere Infos visuell gut aufbereitet an den Fahrer bringt. Schotterpisten lassen wir am Weg durch Norwegen sowieso keine aus, die Adventure und ich, schließlich ziehe ich vorher den Heidenau K60 Scout auf die Speichenfelgen, schon alleine damit ich punkto Gummi-Verschleiß auf dieser langen Reise auf der sicheren Seite bin. Und weil ich so gern an dieser dynamischen Dämpfereinstellung herumspiele! Sozia darf natürlich mitkommen, wenn sie will, sie wird am Komfort nix zu meckern haben.
BMW F850 GS ADVENTURE RALLY: Hubraum: 853 ccm. Leistung: 95 PS. Drehmoment: 92 Nm. Federweg: 230mm/215mm v/h. Reifendimensionen: 90/90-21 bzw. 150/70-R17. Sitzhöhe: 875 mm (Rally 890 mm). Gewicht: 244 kg (90 % vollgetankt). Tankinhalt: 23 Liter. Service-Intervall: 10.000 km. Preis (Österreich): 15.000,00 Euro (Basis-Preis Adventure, ohne Extras bzw. Ausstattungspakete).
Ja ich weiß, das Bild oben hat weniger mit den Strecken zu tun, die ich mit der Multistrada angehen würde, aber es gefällt mir einfach. Und am Weg zu den Dolomiten würde ich bestimmt den einen oder anderen Schotter-Abstecher einlegen, schon aus Gewohnheit. Denn über das Reiseziel mit der Ducati musste ich nicht lange nachdenken: Südtirol, aber nur in der Vor- bzw. noch besser Nachsaison. Schließlich ist das Motorrad zu schade, um sich in den Pässe-Stau zwischen all den GSen einzureihen und womöglich dann oben am Grödner Joch vielleicht sogar noch einen Parkplatz suchen zu müssen. Nein, die Diva will über Pässe gehetzt, ihr Quickshifter entsprechend genutzt werden. Mit dem Road 5 Trail von Michelin auf den Felgen, Kompromisse sollen andere eingehen und auf den erwähnten Schotterwegerln wird er schon halten, ich fahr ja eh gemütlich. Sozia ist selbstverständlich dabei, aber immer nur die erste Sellarunde am Tag, danach nützt sie die Annehmlichkeiten im Wellnesshotel oder geht auf Wandertour. Ich will ja nicht herausfinden, wieviele Runden es braucht, um sich zu übergeben. Die feinen Spinatknödel in Corvara sind viel zu schade.
DUCATI MULTISTRADA 950 S: Hubraum: 937 ccm. Leistung: 113 PS. Drehmoment: 96 Nm. Federweg: 170mm/170mm v/h. Reifendimensionen: 120/70-ZR19 bzw.
170/60-ZR17. Sitzhöhe: 840 mm. Gewicht: 236 kg (fahrfertig). Tankinhalt: 20 Liter. Service-Intervall: 30.000 km. Preis (Österreich): 17.795,00 Euro.
Sozia müsste ich nicht zweimal fragen. Sie sitzt gern auf der Africa Twin hinten oben. Und sie ist wahrscheinlich noch lieber auf Sardinien. Wer jetzt meint, für das Heizer-Paradies auf der Insel der Seligen wäre eine Reiseenduro suboptimal, der kennt die wunderbaren Offroadstrecken dort nicht. Also ziehe ich den Pirelli Sorpion Rally STR auf oder belasse es beim Metzeler Karoo Street, den unser Testmotorrad montiert hatte. Die lassen mich im Schotter nicht im Stich, wenn die bessere Hälfte am Strand liegt und halten trotzdem am sardischen Asphalt bis die Rasten kratzen. Die Honda kann beides. Am Abend gibt's abwechselnd Fisch und Pizza, ja und vielleicht probiere ich diesmal auch den berüchtigten sardischen Käse. Falls für den Umweg nach Hause noch genug Zeit bleibt, nehmen wir noch ein Stück vom Stiefel mit, auch lange Etappen zu zweit sind mit der Africa Twin Spaß und wenn wir es bis nach Pompej schaffen sollten, habe ich bei Sozia einen Stein im Brett.
HONDA CRF1000L AFRICA TWIN DCT: Hubraum: 998 ccm. Leistung: 95 PS. Drehmoment: 98 Nm. Federweg: 230mm/220mm v/h. Reifendimensionen: 90/90-21 bwz. 150/70-18. Sitzhöhe: 850 mm bzw. 870 mm. Gewicht: 242 kg (vollgetankt). Tankinhalt: 18,8 Liter. Service-Intervall: 12.000 km. Preis (Österreich): 16.790,00 Euro.
Eigentlich war das Probesitzen zu zweit auf der Messe ja absolut okay, aber sorry Sozia: Du wolltest doch eh nicht mit, oder? Schließlich hab ich jetzt schon extra den Michelin Anakee Wild aufgezogen, um herauszufinden, wieviel (für mich) mit der 790er Offroad geht. Da bietet sich Albanien förmlich an, Strecken, die ich sonst am liebsten mit meiner 125 Kilo leichten CCM GP 450 Rally angehe. Aber der tiefe Schwerpunkt der KTM stimmt mich zuversichtlich, dass es unterm Strich mehr Spaß als Kampf wird, auch wenn sich in den entlegenen Ecken der albanischen Berge die Streckenverhältnisse oft über Nacht ändern, nach heftigen Regenfällen schon mal alles andere als Heil bringende Schlammpackungen warten, wo gestern noch ein normaler Schotterweg gewesen sein soll. Natürlich darf, auch als kulinarischer Abschluss, die Theth-Runde inklusive Besuch bei meinem Freund Jimmy nicht fehlen – und am Heimweg geht's erst einmal über die traumhaft asphaltierte Vermosh-Strecke, das Stilfser Joch Albaniens, um den famosen Quickshifter auszukosten. Und anschließend vielleicht noch über die Kurven der Jadranska Magistrale heimwärts. Dort könnte im Idealfall Sozia ja warten und ebenfalls aufsteigen. Träumen muss erlaubt sein.
KTM 790 ADVENTURE: Hubraum: 799 ccm. Leistung: 95 PS. Drehmoment: 88 Nm. Federweg: 200mm/200mm v/h. Reifendimensionen: 90/90-21 bzw. 150/70-18. Sitzhöhe: 850 mm. Gewicht: 189 kg (trocken). Tankinhalt: 20 Liter. Service-Intervall: 15.000 Kilometer. Preis (Österreich): 13.999,00 Euro.
Italien, es muss einfach Italien sein. Am besten dorthin, wo sich schöne Landschaft und tolles Essen zusammen genießen lassen. Also auf in die Toskana! Ich gebe zu, die Guzzi ist so etwas wie mein sentimentaler Favorit im Testfeld. Schon wenn ich den V2 starte und den Sound höre, kann ich den Cappuccino förmlich riechen. Aber wir – Sozia ist selbstverständlich mit von der Partie, die 80 PS reichen dazu allemal aus – wollen auf der Anreise noch ein paar Pässe im Friaul mitnehmen. Entspannt reisen, mit der V85TT funktioniert das. Easy Schotter, wie über die Panoramica delle Vette, muss auch dabei sein, auf die Felgen kommt der neue, straßenorientierte Conti Trail Attack 3, den ich noch nicht ausprobiert habe. Und während andere am Abend noch mit Kettenschmieren beschäftigt sind, sitzen wir längst im Eissalon, weil die Moto Guzzi die einzige Mittelklasseenduro mit Kardanantrieb ist. Nach ein paar Tagen Dolce Vita überrede ich Sozia noch zum Abstecher an den Rand der Marken, Sprit ist ja sicher noch genug im dicken 23-Liter-Tank. Pilgerfahrt nach Urbino, Heimatstadt eines gewissen Valentino Rossi. Muss man ganz einfach einmal gesehen haben. Wie gut für meinen Führerschein, dass ich auf der Guzzi sitze.
MOTO GUZZI V85TT: Hubraum: 853 ccm. Leistung: 80 PS. Drehmoment: 80 Nm. Federweg: 170mm/170mm v/h. Reifendimensionen: 110/80-19 bzw. 150/17-17. Sitzhöhe: 830 mm. Gewicht: 208 kg (trocken) bzw. 229 kg (90 Prozent vollgetankt). Tankinhalt: 23 Liter. Service-Intervall: ?. Preis (Österreich): 12.990,00 Euro.
Wohin mit einem Motorrad, mit dem man schon fast überall gewesen ist? Warum nicht mal wieder rauf nach Schottland! Also den Michelin Anakee Adventure auf die Speichenfelgen des Tigers aufziehen, der macht alle Wege mit und kann auch mit Regen gut, wie er dort oben in den Highlands schon mal vorkommen soll. Gerade die vielseitigen Straßen unterschiedlichster Qualität kann die Triumph wunderbar, mit offenen Augen unterwegs findet man auch die eine oder andere Schotterpassage, so richtig ausreizen wird man das Top-Fahrwerk von WP auf der Tour aber kaum. Muss ja nicht, oft ist es allein gut zu wissen, dass man kann, wenn man will. Und wir wollen die tolle Landschaft und die Single Trails genießen, Abends dann auch mal einen feinen Single Malt, selbstverständlich ist Sozia mit von der Partie. Schließlich bekommt sie nirgendwo sonst so feines Porridge zum Frühstück, wie in den B&B auf der Insel, während sich der Wolf Baked Beans und fetten Speck servieren lässt. Und vielleicht schaffen wir ja diesmal am Heimweg einen Abstecher nach Hinckley bei Leicester, um dem Triumph-Werk einen Besuch abzustatten.
TRIUMPH TIGER 800 XCA: Hubraum: 799 ccm. Leistung: 95 PS. Drehmoment: 79 Nm. Federweg: 220mm/215mm v/h. Reifendimensionen: 90/90-21 bzw. 150/70-R17. Sitzhöhe: 840 - 860 mm. Gewicht: 208 kg (trocken). Tankinhalt: 19 Liter. Service-Intervall: 10.000 km. Preis (Österreich): 16.500,00 Euro.
Jetzt bin ich das erste Mal unschlüssig, auch wenn das Ziel klar ist: Es muss Schotter sein, am besten viel und grob. Will mir ja nicht nachsagen lassen, dass sich die mächtigen Federwege der Scrambler mit mir auf Tour fadisieren. Variante eins: Den Rucksack mit dem Notwendigsten packen und ab ins nahe Friaul. Sorry Sozia, dann ist kein Platz hinten oben. Die Panoramica delle Vette darf dabei sein, der Aussicht wegen, aber dann muss es rumpeliger werden: Monte Festa, Monte Paularo, Forcella Ielma und wie die Highlights dort alle heißen – die Triumph, der ich vorher die neuen Bridgestone AX41 Adventure Cross aufgezogen habe, die demnächst auch auf meinen Tiger kommen, wird mir ein Dauergrinsen unter den Helm zaubern! Oder Variante zwei: Das Motorrad entgegen meiner Gepflogenheiten, auf eigener Achse anzureisen, einfach auf den Hänger schnallen und mit Sozia ab in die Westalpen im italienisch-französischem Grenzgebiet. Dort warten nicht nur wunderbare Pässe mit Kurven zum Abwinken, sondern – so wir ein Quartier am besten in Meeresnähe finden, wo sich Sozia wohl fühlt – auch die Schotterhighlights des westlichen Europas: Monte Jafferau, Ligurische Grenzkammstraße, Assieatta, Sommelier, Maira-Stura, und, und, und. Schade nur, dass jede Reise zu Ende geht, auch die im Kopf.
TRIUMPH SCRAMBLER 1200 XE: Hubraum: 1200 ccm. Leistung: 90 PS. Drehmoment: 110 Nm. Federweg: 250mm/250mm v/h. Reifendimensionen: 90/90-21 bzw. 150/70-R17. Sitzhöhe: 870 mm. Gewicht: 207 kg (trocken). Tankinhalt: 16 Liter. Service-Intervall: 16.000 km. Preis (Österreich): 17.900,00 Euro.
Fazit:
War leiwand mit den Kollegen von 1000PS und auch richtig aufschlussreich. Weil du Unterschiede einfach feiner spürst, wenn du direkt von der einen auf die andere Maschine hupfen kannst. Und trotzdem waren die Erkenntnisse für mich nur in den wenigsten Fällen überraschend. Klar hat die Guzzi Sexappeal, sieht die Scrambler zum Anbeißen aus, dennoch habe ich drei andere Favoriten, allesamt richtig ausgereifte Reiseenduros. Neben jener, die ich ohnehin in der Garage stehen habe – wenn auch schon ein recht gut eingefahrenes Exemplar – sind das Africa Twin und 790 Adventure. Die Honda ist einfach, ähnlich wie mein Tiger, in jeder Kategorie richtig gut, die KTM begeistert mich vor allem was das Handling Offroad betrifft. Wobei da wohl die R, die diesmal nicht im Starterfeld war, meine erste Wahl wäre.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass sich meine natürlich subjektiven Favoriten auch dann kaum großartig ändern würden, wenn der Reiseenduro-Vergleichstest neben der Mittel- auch die sogenannte Oberklasse umfasst hätte. Weniger ist oft mehr, speziell wenn man so wie ich auch gern regelmäßig auf Abwegen unterwegs ist. So gesehen bin ich schon sehr gespannt, hoffentlich bald mal die neue Yamaha Tenere 700 zu fahren – die könnte ebenfalls viel von dem können, was dem Wolf so schmeckt.
© 05/2019
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