Natürlich ist mir bewusst, dass Berge jenseits der 1000 Meter Seehöhe im März selten frei von Schnee und Eis sind – aber sag das einmal einem, der gerade ein neues Moped mit Stollenreifen in der Garage stehen hat. Außerdem wollte ich schon lange einmal in die Beskiden, wie die Gebirge der äußeren Westkarpaten und Waldkarpaten von Tschechien über Polen und die Slowakei bis in die Ukraine von den Einheimischen traditionell genannt werden. Der größte Teil davon liegt in Polen, was auch das Hauptziel dieser viertägigen Tour sein sollte, für die ich mit Klaus rasch einen Mitstreiter gefunden hatte: Die Nachdenkphase auf meine Frage, ob er sich das auch vorstellen könnte, dauerte in etwa so lange, wie man ein "Ja" ohne Luft zu holen aussprechen kann…
Tag 1 • Über die Slowakei nach Polen
Als Treffpunkt hatten wir Deutsch Wagram nördlich von Wien vereinbart, von dort ging's über den Grenzübergang Hohenau an der March in die Slowakei. Weil Klaus nicht zweimal am Tag Geld wechseln wollte, besorgten wir uns noch in Österreich Wurstsemmeln für unterwegs – wobei es mich schon brennend interessiert hätte, wieviele slowakische Euros er wohl für einen österreichischen Euro bekommen hätte. Wurscht. Die frühmorgendliche Kälte, die mir die Nasenspitze unter der Crossbrille fast einfrieren hatte lassen und mich in meiner Entscheidung, die neue CCM mit Heizgriffen auszustatten bestätigte, war längst von der Sonne vertrieben worden, als wir irgendwo auf halbem Weg nach Polen auf einem Bankerl neben einer Kirche jausneten. Vorteil: Es fehlte die Möglichkeit für Klaus, noch Kaffee und Kuchen zu bestellen, weshalb es relativ flott weiter ging…
…schließlich warteten doch noch richtig fahrenswerte, kurvenreiche Strecken bis zu unserem Tagesziel in Bielsko Biala, wo ich beim CCM-Partner Touratech Polen gleich die etatmäßige 800-Kilometer-Inspektion für die GP 450 erledigen ließ. Meist über Nebenstraßen, jedoch fast durchwegs auf Asphalt, um Strecke zu machen. Vorbei an Burgen, durch Skigebiete in der Slowakei, (ein kleines Stück) Tschechien und Polen, wo wir kurz an der "Adam-Malysz-Schanze" von Wisla Halt machten, erreichten wir kurz nach 16 Uhr die Werkstatt. Früh genug, um den Eingriff an der schlanken Engländerin noch an diesem Tag zu vollziehen und dann am nächsten schon früh in die Berge zu stechen zu können. Touratech-Chef Zibi Szatan, ein weitgereister Motorradfahrer und Hechlingen-Instruktor, checkte uns ein gutes, günstiges Appartement mitten im Zentrum der 200.000-Einwohner-Stadt um € 30/pro Kopf und Nase inkl. Frühstück, ehe wir bei (je einer) Stelze und (mehr als einem) Bier bis spät Benzingespräche führten. An gemeinsamen Themen mangelte es nicht, etliche Strecken z.B. Theth in Albanien oder vieles in Rumänien kannten wir alle drei, andere machten dem jeweils anderen Appetit auf Neues…
Tag 2 • Matsch Fun
Irgendeiner der Wodkas vom Vortag, laut Klaus ist es meist der letzte, musste wohl schlecht gewesen sein, dachte ich am Morgen des zweiten Tages, als wir uns daran machten, die Gegend genauer zu
erkunden. Jedenfalls waren die Vibrationen des Einzellers weit deutlicher zu spüren, als noch tags davor. Zibi hatte mir einige Wegpunkte schöner, legaler Offroadstrecken ins Navi
gespielt, in Anbetracht der Jahreszeit sollten wir vor Ort feststellen, was davon schon befahrbar ist. Mit den ersten Steinen unter den Stollen waren Kopf- und Bauchweh wie weggeblasen bzw.
-gerüttelt und ich fühlte mich wieder ganz in meinem Element. Zunächst wurden wir zwar jeweils bald nach dem Einstieg zweimal durch Schnee und Eis gestoppt, mit etwas Hartnäckigkeit fand
sich aber bald eine tolle Strecke hinauf auf Almen mit feinen Ausblicken, viel Matsch und moderaten Schneeverhältnissen.
Für Klaus war mit der gut 70 Kilo schwereren Transalp zwar naturgemäß immer etwas früher Schluss mit Lustig, dennoch Hut ab vor dem, was er da alles – in seiner ihm angeboren gelassenen Sitzhaltung – angegangen ist. Und mir tat es wahrscheinlich gar nicht schlecht, mit dem noch kennenzulernenden Motorrad nicht gleich meine Grenzen auszuloten. Auch so habe ich mich schließlich zweimal davon überzeugt, wie leicht die CCM im Fall des Falles wieder aufzurichten ist…
Anschließend ging es nach einer kurzen Spaghetti-Pause weiter über die Slowakei, vorbei am teilweise noch zugefrorenem Orava Stausee. Das meiste auf Asphalt, dennoch ließen unsere Motorräder kaum einen unbefestigten Weg aus, der uns am Straßenrand zu einem Abstecher einlud. Kilometer wurden so natürlich wenige gemacht, dafür machte jeder einzelne richtig Spaß, bis wir am späten Nachmittag den polnischen Wintersportort Zakopane erreichten. In den Dörfern der Hohen Tatra findet man vornehmlich in traditioneller Bauweise bis ins Detail liebevoll errichtete Holzhäuser, in Zakopane eigentlich alles, was das Touristenherz erfreut – freilich noch zu äußerst moderaten Preisen.
Rund um den Orava Stausee (Slowakei):
Um und in Zakopane (Polen):
Und weil ich bei einem Tankstop unterwegs einmal die Satteltaschen der CCM kurz mit Benzin getränkt hatte, bekam mein abendliches Outfit eine neue Duftnote, die Klaus hämisch grinsend als Gasoline Brutale, the new Fragrance bezeichnete. Mir ist das ja mit der Zeit nicht mehr aufgefallen, wenn ich im Hotel aber meine Zimmertüre etwas länger offen ließ, roch es am ganzen Gang nach Benzin…
Tag 3 • In der Hohen Tatra
Nach einem wieder einmal ausgiebigen Frühstück in der Villa Monte Rosa (100 Zloty, also rund 25 Euro pro Einzelzimmer) verließen wir Zakopane gestärkt, um uns auf den Weg von der Hohen Tatra in Richtung Waldkarpaten zu machen. Den ursprünglichen Plan, die dritte Nacht in der nahen Ukraine zu verbringen, haben wir unterwegs verworfen, wobei Planen ohnehin nicht das Ding dieser Tour gewesen ist. Wir sind einfach der Nase lang gefahren bzw. dort, wo es ging, wenn möglich schottrig wurde und es vor allem beiden Spaß machte.
Auf über 1100 m Seehöhe waren die Straßen im Schatten teilweise noch ordentlich mit Schnee und Eis bedeckt, was doch einiges an Konzentration beim Fahren erforderte. Belohnt wurde man dafür mit teils wirklich wild anmutenden Landschaften und wunderbaren Ausblicken auf die umliegenden Berge.
Selbstredend hatten wir auch an diesem Tag einige Offroad-Abstecher gefunden, der eine oder andere brachte dabei die auf unser beider Motorräder aufgezogenen Michelin T63 – die ich dennoch für Touren mit hohem Offroad-Anteil nur empfehlen kann, solange es nicht zu schlammig wird – hart an ihre Grenzen:
Teils prunkvoll eingerichtete Holzkirchen erinnerten mich an Rumänien, zurück in der Slowakei fuhr dann aber – nahe der ukrainischen Grenze – fallweise auch der bedrückende Eindruck unübersehbarer Armut mit, kamen wir doch durch ziemlich heruntergekommene Dörfer bzw. Siedlungen. Die Straßen waren freilich ganz nach unserem Geschmack bzw. jenem der kräftig malträtierten Federbeine unserer Motorräder, mit einem Supersportler wäre es in dieser Ecke definitiv nur halb so lustig gewesen. Nicht zuletzt aufgrund unserer regelmäßigen Abstecher bzw. treffender: Umwege auf unbefestigte Pfade, die uns immer wieder einmal irgendwo im Wald anstehen und umdrehen hatten lassen, hatte die Dämmerung schon eingesetzt, als wir schließlich im empfehlenswerten Restaurant Contesa in Krásnohorské Podhradie ein nettes, sauberes Quartier fanden. Zwar hatte ich kurz geschluckt, als ich nach dem deftigen Abendessen inklusive je zwei Bier eine Zeche von 60 Euro zu bezahlen hatte, als sich das aber inklusive zweier Einzelzimmer plus ausgiebigstem Frühstück herausstellte, entpuppte sich der Abend als zumindest genauso billig wie jene beiden davor in Polen.
Tag 4 • Auf und neben Straßen heimwärts
Nachdem es in der Nacht teilweise doch ordentlich geschüttet hatte, waren wir schon auf eine lange Regenfahrt heimwärts eingestellt – es sollte zum Glück anders kommen. Zwar begleiteten uns auf der rund 400 Kilometer langen Strecke über Nitra und Bratislava nach Hause zumeist dichte Wolken, bis auf ein paar kaum erwähnenswerte Tropfen blieben wir aber trocken. Weshalb wir auch auf unserer letzten Etappe nicht darauf verzichteten, den einen oder anderen unbefestigten Weg zu suchen, oder auch Sehenswertes wie die Burg von Krásnohorské Podhradic zumindest kurz zu fotografieren.
Fazit:
Polen und die Slowakei sind definitiv noch weitere Reisen mit dem Motorrad wert, ganz egal ob der Fokus auf befestigten oder unbefestigten Straßen liegt. Die Streckenführungen müssen sich vor vielen Alpenpässen keinesfalls verstecken, die Landschaft in den Karpaten mutet aber ursprünglicher, wilder an, auch wenn wir weder Wolf noch Bär angetroffen haben. Die Menschen sind freundlich und die Preise noch wirklich günstig. Bei der ersten Reise mit einem neuen Motorrad gilt es freilich auch immer diesbezüglich ein Resumee zu ziehen - die CCM hat in diesen vier Tagen bzw. rund 1300 Kilometern meine (hohen) Erwartungen voll erfüllt. Dass sich die GP 450 auf Schotter pudelwohl fühlt, wusste ich schon vorher – aber auch auf Asphalt verkommt der giftige Einzylinder keinesfalls zur Krücke, können bei der richtigen Streckenwahl auch 40 PS richtig Spaß machen. Lange, breit ausgebaute gerade Straßen sind wie Autobahnen naturgemäß nicht ihr Ding, auf (überschaubaren) Verbindungsstücken aber auch durchzudrücken. Unterm Strich vermittelt sie eine neue Leichtigkeit des Reisens, wenn der Schwerpunkt darauf gelegt wird, so oft wie möglich die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Sie kann den Tiger im Stall nicht ersetzen, ist aber, wie ich meine, eine absolut gelungene Ergänzung im Fuhrpark.
> HIER < geht's zum Bericht inklusive Video von Klaus
Mein neuer Helm:
Seit März fahre ich mit dem Touratech Aventuro Pro Carbon Jetzt bereit zur Anprobe & Testfahrt bei www.touratech.at
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Kontakt:
Reisen ist tödlich
für Vorurteile.
Mark Twain
Unter Motorradfahrern gibt es keine Fremden - nur Freunde, die man noch nicht getroffen hat.
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