Geburtstagstour ohne großen Plan

Auch wenn ich sehr gerne allein unterwegs bin – gut zu wissen, dass man Freunde hat, die nicht lange zu spontan anberaumten Touren überredet werden müssen. Obwohl Klaus gerade eine ordentliche Verkühlung plagte, die sich im Nachhinein als Pollen-Allergie herausstellen sollte, musste ich ihn nicht zweimal bitten, mich Ende März für ein paar Tage Richtung Süden zu begleiten. Hatte ich doch auch einen kleinen "Köder" parat, bei dem ich mir ziemlich sicher war, dass er anbeißt: Nachdem wir letztes Jahr bei unserer langsam zur Tradition werdenden "Frühlingserwachens-Tour" in Polen noch auf ziemlich viel Schnee getroffen waren, sollte es diesmal in südliche Richtung gehen, wo wir bei der Gelegenheit ja gleich den alten Militärflughafen in Zeljava besichtigen könnten – das war im September 2014 auf unserer Heimreise von Albanien heftigen Regenfällen zum Opfer gefallen. Mit dieser Option war der Klaus auch schon mit im Boot…

Da die Wettervorhersage praktisch in alle Richtungen recht wechselhaft gewesen ist, beschlossen wir, die Anreise ohne großen Plan einfach der Nase nach bzw. den Wolken ausweichend zu gestalten, was unterm Strich erfolgreich blieb: Obwohl es zwischendurch oft bedrohlich nach Regen ausgesehen hat, blieben wir die drei (er) bzw. vier (ich) Tage trocken. 

Tag 1 • Über Umwege zum Plattensee

Wien (bzw, Kottingbrunn) - Sopron - Fertöd - Györ - Komarom - Tatabanya - Szekesfehervar - Vesprem - Balatonfüröd

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Tag 1
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Wir trafen uns am Ostermontag schon recht früh in Siegendorf kurz vor der ungarischen Grenze und fuhren zunächst auf einer meiner "Hausstrecken" den Neusiedler See entlang bis nach Fertöd, wo wir beim Esterhazy-Schloss den ersten kurzen Stopp einlegten.

Danach ging's mit den beiden Hondas zweier unterschiedlicher Generationen (Klaus mit seiner Fernreise-erprobten Transalp, ich mit der nagelneuen, von Touratech mit Koffern ausgestatteten Africa Twin, die ich im März zum Test ausgefasst hatte und die mit mir ihre erste Reise bestritt – nur die Fahrer waren derselbe Jahrgang) weiter über Györ und die Donau entlang bis nach Komarom. Das dort am Flussufer strategisch günstig gelegene, zwischen 1850 und 1871 erbaute Fort Monostor war nach dem zweiten Weltkrieg von den Sowjets lange als Waffen- bzw. Raketen-Depot verwendet worden und lockt nun Touristen wie Ausflügler zur Besichtigung. Wir spazierten nur eine kleine Runde den Mauern entlang, schließlich waren wir ja zum Mopedfahren da… 

Ein paar Kilometer nach Komarom verließen wir nicht nur die Donau, sondern auch die befestigten Straßen. Nun ging es über ein paar nette Pisten und dann auch überraschend kurvenreiche Nebenstraßen durch hügeliges Gebiet in Richtung Tatabanya, wo wir – immer wichtig für Klaus' Gemüt  – einen kleinen Jausenstopp einlegten.

Der Rest des Tages ist rasch erzählt. Durch die ungarische Tiefebene ging es eher unspektakulär bis zum Plattensee, wo wir in Balatonfüröd in der empfehlenswerten Pension "Gold Haus" um 32 Euro (inklusive reichlichem Frühstücksbuffet) nächtigten. Die Pension, die für die wärmere Jahreszeit auch mit einem Pool lockt, gehört dem Besitzer des Hotel Astoria (Einzelzimmer um 51 Euro pro Person), der uns mit seinem Auto zur etwas entlegenen Adresse lotste. Den Abend ließen wir bei viel gegrilltem Fleisch und etwas Bier gemütlich ausklingen, ohne dabei zu vergessen, auf meinen Geburtstag anzustoßen.

Tag 2 • Wiedersehen mit Winnetou

Balatonfüred - Szántód (Fähre) - Nagyatád - Bjelovar - Ivanic-Grad - Petrinja - Kostajnica - Bihac - Plitvitzer Seen

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Tag 2
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Über Nacht hatte es ein wenig geregnet, wie nasse Motorräder und Straßen am Morgen bekundeten – die Wolken verflüchtigten sich aber schon nach wenigen Kilometern unserer Fahrt den Balaton entlang (erst ein Stück am Nord-Ufer, nach der Fähr-Überfahrt das Süd-Ufer westwärts) und wir waren praktisch den ganzen Tag bei Sonnenschein unterwegs. Zur Abwechslung diesmal (fast) ausnahmslos auf asphaltierten Straßen.

Erst durch Ungarn…

…dann durch Kroatien…

…ein (geiles, kurvenreiches) Stück durch Bosnien…

…ehe wir uns, zurück in Kroatien und bei einsetzender Dunkelheit auf Herbergssuche machten. Was sich in der an sich touristischen Region um die Plitvitzer Seen als schwieriger entpuppte, als ursprünglich angenommen. Nachdem wir vor einigen verschlossenen Türen umkehren mussten und der Tank der Africa Twin schon bedrohlich leer gefahren war, landeten wir schließlich wie schon vor zwei Jahren auf unserer Heimreise von Albanien in der Pension Winnetou für 30 Euro inklusive Frühstück. Junior-Chef Zlatko, in Oberösterreich aufgewachsen, spricht nicht nur perfekt Deutsch, sondern hat auch immer für alle Wünsche seiner Gäste ein offenes Ohr. Ich muss nicht extra erwähnen, dass wir uns Abends die Bäuche mit Gegrilltem vollschlugen, während die Motorräder hinter dem Haus unter Dach nächtigten.

Tag 3 • Spannendes in und auf Bergen

Da das Navi an der Africa Twin nicht mit Strom versorgt wurde, hatte ich es nur bei der Fahrt übers Verlebit eingeschaltet und daher keine vollständigen Tracks, in Istrien fuhr ich einfach der Nase nach…

Plitzicka Jezera - Zeljava - Velebit Gebirge - Rijeka - Rovinj - Limski Kanal - Vrsar - Nova Vas - Buje - Portoroz

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Flughafen Zeljava
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Velebit
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Nach dem ausgiebigen Frühstück, bei dem Klaus sein Tellerchen ausnahmsweise einmal NICHT leergeputzt hat (hätte ich es selbst nicht gesehen, ich könnte es nicht glauben), war es dann endlich (fast) so weit, stand der alte Militärflughafen in Zeljava am Plan. Nicht ohne davor jedoch noch die von Zlatko genannte, nächstgelegene Tankstelle anzufahren – die AT rollte buchstäblich mit den allerletzten Tropfen nach exakt 350 gefahrenen Kilometern zur Zapfsäule. Zwischendurch hatte es schon mehrfach bedrohlich geruckelt und ich in Gedanken Klaus bereits mit einem der Benzin-Kanister, die auf den Seitenkoffern montiert gewesen waren, losfahren sehen…

Aber letztlich ging alles gut und wir fanden auch auf Anhieb den aufgelassenen Flughafen, der zu seiner Zeit der zweitgrößte unterirdische in Europa gewesen ist. Meine Enttäuschung, dass entgegen unserer Erwartungen keine Pisten sondern ein asphaltierter Weg zum Ziel führte, währte nur kurz – es war schon beeindruckend, die Dimensionen der gesamten Anlage mitsamt den verfallenen, mit Einschusslöchern versehenen Mannschafts-Quartieren bzw. Kasernen-Anlagen zu sehen. Natürlich vergaß Klaus auch nicht darauf einen seiner Reiseseiten-Sticker an der alten Militärmaschine zu platzieren, die vor dem Areal abgestellt ist.

Danach ging es getrennt weiter. Klaus zog es mit rinnender Nase und roten Augen nun doch heimwärts, ich wollte noch einen Abstecher nach Istrien machen, wo mein alter Freund Tom gerade samt besserer Hälfte urlaubte. Am Weg dorthin übers Velebit-Gebirge auf kleinen und kleinsten Sträßchen suchte ich immer wieder unbefestigte Abzweiger, von denen sich dann einer als wirklich fahrenswerte Abkürzung durch den Wald in Richtung Küste entpuppte. Hat richtig Laune gemacht, die Africa Twin über den Schotter zu treiben. Nach dem spannenden Start in den Bergen beim Airport kam ich nun auf den Bergen auf meine Rechnung.


Der Fahrspaß ging dann an der Küste entlang weiter, egal ob ein Stück auf der Jadranska Magistrale, den gelegentlichen Abstechern auf unbefestigte Nebenpfade, die meist irgendwo am Wasser endeten oder dann in Istrien. Gerne hätte ich auf der Halbinsel, auf der es sich so wunderbar speisen und genießen lässt, mehr Zeit verbracht, ich wollte aber unbedingt noch weiter nach Slowenien, um am nächsten Tag nicht  ausschließlich auf der Autobahn nach Hause fahren zu müssen. So habe ich auch leider den Tom verpasst, dafür aber eine ganze Reihe fahrenswerter Schotterstraßen im Hinterland entdeckt und sogar eine kurze Trinkpause am Limski Kanal eingelegt. Als ich das letzte Mal dort gewesen bin, gab's zwar – zusammen mit der besten Sozia wo gibt – Austern und Champagner zum Sonnenuntergang, der malerische "Fjord" war aber auch diesmal bei stillem Mineralwasser aus dem Seitenkoffer einen Zwischenstopp wert.

Der Honda unter meinem Hintern machten die immer wieder aufs neue entdeckten  Pfade ebenso Spaß wie mir, so dass es schon dunkel wurde, als wir die slowenische Grenze erreichten. Also bog ich gleich nach dieser links Richtung Portoroz ab, ein pulsierender Ort an der Küste, den ich noch aus meiner Seglerzeit gut kannte. Und wo ich im für diese Jahreszeit überraschend vollen  Hotel Lucija ein Einzelzimmer um 41 Euro inklusive ausgezeichnetem Frühstücksbuffet ergatterte. Das Abendessen nahm ich dann noch in einer Pizzeria am Strand – Bier, Slivo aufs Haus und der ganze Tag im Sattel sorgten aber schon bald für einen gesunden Schlaf…

Tag 4 • Nach dem großen Kurvenmenü noch ein ausgedehnter "Autobahntest"

Portoroz - Predjama - Ljubljana - Maribor - Graz - Wr. Neudorf - Wien

Leider habe ich von diesem Tag keinen Track, bis Laibach (Ljubljana) gings auf kleinsten Straßen, danach nur noch auf der Autobahn.

Beim ausgiebigen Frühstück überlegte ich mir noch ein letztes "Sightseeing"-Ziel und wählte die in den Berg hinein gebaute Höhlenburg Predjama in der Nähe von Postojna bzw. den berühmtesten Höhlen Europas. Das Zumo 390 von Garmin nahm es mit meiner Eingabe "kurvenreiche Strecken" richtig ernst und führte mich dorthin über Straßen, dass einem fast schwindlig wurde und die ich dieser zwar hügeligen aber doch nicht wirklich gebirgigen Gegend kaum zugetraut hätte. In Laibach ging es dann aber notgedrungen auf die Autobahn, weil ich noch am Nachmittag die Africa Twin bei Honda Österreich in Wiener Neudorf zurückgeben musste, schweren Herzens irgendwie. Bestand sie doch auch den "Autobahntest" ohne Makel um sich in meinen Augen endgültig als hervorragendes Reise-Motorrad zu entpuppen – ganz egal, wie gut oder schlecht dabei die Fahrbahn ist. Trotzdem fühlte ich mich dann auch auf meinem Tiger wieder sofort pudelwohl und wäre wohl noch einen Umweg über die Kalte Kuchl gefahren, wenn daheim nicht schon das feine Geburtstagsessen auf dem Tisch gewartet hätte…

Fazit:

Traditionen soll man pflegen. Und die März-Tour ins nahe gelegene Ausland zusammen mit meinem Kumpel Klaus entwickelt sich langsam dazu, eine solche zu werden. Es waren vier wunderbare Tage, die uns durch Ungarn, Kroatien, Bosnien und mich dann auch noch Slowenien führten, mit vielen Stunden am Bock, aber auch jeder Menge sehenswerter Zwischenstopps. Gewürzt mit feinem Schotter zwischendurch und langen Benzin-Gesprächen am Abend. Wenn nicht gerade eine hoffentlich spannende Motorrad- und Reisesaison bevorstehen würde, hätte ich jetzt glatt geschrieben: Ich freu mich schon auf nächsten März!