Ich bin ja ein Freund von kurzfristigen Reisen mit wenig Planung – bei vielen meiner Touren entscheidet sich erst am Frühstückstisch, in welche Richtung es weiter geht. Das macht einen flexibler, auch was das Wetter betrifft. Derart spontan, wie auf der ersten Tour nach meinem Anfang Juni 2018 erlittenen Unterschenkelbruch sind wir aber noch nie losgefahren. Zumindest nicht zu zweit. Ursprünglich wäre ja Korsika auf dem "Comeback-Plan" gestanden, dafür schmerzte das Bein nach den ersten Test-Ausfahrten aber doch noch zu sehr. Dann dachten Sozia und ich eine kleine Österreich-Tour an. Am Morgen der Abfahrt war fürs Tagesziel Salzburg jedoch Regen vorausgesagt, also entschieden wir uns, einfach auf einen Topfinger in die Kalte Kuchl zu fahren und vielleicht in den nächsten Tagen dann einmal quer durch Österreich. Das war um neun Uhr morgens. Ich tankte schon mal den Tiger voll. "Und was hältst davon, wenn wir einfach Mal Richtung Süden losfahren?" "Cool!" "Du hast eine Stunde, um zu packen."
War fast klar, dass da nicht alles mitkam, was eigentlich mitkommen hätte sollen. Dass Mel darauf vergaß, einen Bikini einzupacken, war noch relativ einfach bei einem kleinen "Einkaufsbummel" zu reparieren, dass ich zwar drei Sony-Actioncams dabei hatte, aber nur einen Adapter, um diese auch irgendwo zu befestigen, machte das gleichzeitige Verwenden derselben ebenso unmöglich, wie das fehlende Ladegerät die Inbetriebnahme der selbstverständlich mitgenommenen Drohne.
Aber was solls? Fahren und Entspannen standen an oberster Stelle der To-do-Liste. Und zwar ausschließlich auf Asphalt, Schotter wollte ich dem lädierten Haxn noch nicht antun. Doch wie gesagt – mit den Planungen nahm ich es nicht so genau auf dieser Reise…
Der erste Tag der Reise war also speziell aus der Sicht des Ostösterreichers nichts Aufregendes. Wir sind einfach ohne Ziel Mal Richtung Klausen-Leopoldsdorf los, haben dann – um gleich ein erstes Mal die gefassten Vorsätze über Bord zu werfen – die paar Schotterkehren beim Jagasitz mitgenommen, ehe es schließlich durchs Kloster- und Höllental südwärts ging. Über den Wechsel landeten wir schließlich im südburgenländischen Kurort Bad Tatzmannsdorf, wo wir in der Pension Frühwirth ein Quartier fanden (€ 70 Euro für zwei, die Unterkunft einfach, aber okay, das Frühstück ausgezeichnet) und Abends deftige Heurigen-Schmankerl genossen.
Bad Tatzmannsdorf - Graz - Slowenien (auf Autobahn A2) - Kungota - Maribor - Slovenska Bistrica - Trebnje - Bloke - Postojna - Portoroz - Vrsar - Limski Kanal - Fazana
Streckenlänge: ca. 590 Kilometer
Beim Frühstückstisch entschieden wir dann, dass es nach Slowenien gehen sollte, weshalb wir schon zeitig die Autobahn A2 nahmen, um erst einmal ordentlich Kilometer bis zur Grenze zu machen. Danach gings auf teils wunderbar kurvigen Straßen weiter, bis wir bei Postojna schließlich vor der Wahl standen, wieder einmal unseren Bärenwirten in Masun aufzusuchen, oder doch eher Richtung Meer weiter zu fahren. Weil gerade erst einmal der Nachmittag angebrochen war, "gewann" schließlich die Küste und wir legten einen kleinen kulinarischen Zwischenstopp direkt am Wasser in Portoroz ein…
Anschließend ging es weiter über die nahe kroatische Grenze nach Istrien, wo wir wieder einmal in Vrsar auf einen Eisbecher Halt machten, die Kurven im Hinterland der Küste genossen und schließlich nach einem langen, anstrengenden Fahrtag bei Fazana südlich von Rovinj mit dem Hotel Villa Letan ein recht ordentliches Quartier fanden. Für 80 Euro im Doppelzimmer, inklusive Pool, Sauna, SPA, Tennisplätzen und einem überdachten Schlafplatz für den Tiger. Das Essen im hauseigenen Restaurant war zwar okay, an sich findet man in der Ecke aber doch recht einfach ein besseres Preis-Leistungsverhältnis.
Nach einem Abstecher zum Limski-Kanal samt Espresso machten wir uns durchs Landesinnere auf in Richtung Opatija, einst modänes Seebad und Kurort der Donaumonarchie, wovon noch zahlreiche alte Villen zeugen. Wie schon oft habe ich lediglich den Zielort ins Navi eingegeben und bin immer mal wo abgebogen, wo es mir fahrenswert erschien, der Fokus lag auf kleinen Straßen, die man in Istrien ohnehin zuhauf findet. Der Asphalt, der uns manchmal auch unter den Reifen ausging, war dabei nicht immer der beste, sprich: wie für die Reiseenduro gemacht!
In Opatija haben wir uns dann gleich für fünf Nächte im Reminsens Hotel Kristal eingebucht. Mit einem kleinen Privatstrand sowie Fitnessraum plus (Salzwasser)-Indoor-Pool, was mir zum Vorantreiben der Reha nicht ungelegen gekommen ist. Abgerundet wurde das Ganze noch mit einem tollen Panorama-Blick aufs Meer vom Zimmer im vierten Stock sowie etlichen Bars & Restaurants in Walking-Distance. Perfekt für ausgedehnte Abendspaziergänge samt Genuss der vielseitigen istrischen Küche.
In den nächsten vier Tagen war Opatija also die Basis-Station für ausgedehnte Ausfahrten. Mal mit, mal ohne Sozia, mal auf Schotter, mal auf Asphalt. Das direkt hinter der alt-ehrwürdigen Stadt ansteigende Učka-Gebirge wurde zu meinem "Hausberg", über den es täglich ein-, zweimal ging, die Touren streckten sich aber über die gesamte istrische Halbinsel aus. Fast immer nur der Nase lang, darauf vertrauend, dass mich das Navi schon wieder zurück an den Ausgangspunkt bringen werde. Weshalb es dazu auch keine Links gibt, aber wer die Augen offen hält, findet dort immer Fahrenswertes für jeden Geschmack.
Über allem stand aber auf dieser Tour wirklich das Relaxen, alles ohne Stress oder innerem "Zwang" Kilometer zu machen. Und natürlich immer erst nach einem ausgiebigen Frühstück auf der Terrasse mit fast kitschigem Ausblick. Feines Essen und körperliche Aktivitäten, die nach meinem Schienbeinbruch naturgemäß zu kurz gekommen waren, standen ganz oben auf der To-do-Liste. Ob direkt in Opatija...
…oder on Tour, wo wir immer wieder feine Buchten zum Baden oder Lokale zu Einkehr fanden. Mehr Urlaub als die sonst üblichen Motorradreisen. Trotzdem aber auch immer gewürzt mit fahrenswerten Strecken sowie perfektem Spätsommerwetter.
Opatija - Vela Ucka - Lesiscina - Sveti Donat - Momjan (Weingut Kabola) - Kozina - Bukovje - Ledinsko Razpotje - Spodnja Idrija - Bukovo - Most na Soci - Rocinj - Kobarid - Bovec
Streckenlänge: ca. 390 Kilometer
Am achten Tage sollte es wieder Richtung Heimat gehen. Als Tagesziel hatten wir Bovec in den julischen Alpen auserkoren, um dort meinen Kumpel Oliver zu treffen, der gerade auf Schotter-Tour durch das nördliche Slowenien gewesen ist. Und Mittags war ein Stopp beim (empfehlenswerten) Weingut Kabola geplant, um vielleicht noch die eine oder andere Flasche für zuhause in die Seitenkoffer zu packen. Fahren wollten wir ausschließlich auf kleinen und kleinsten Straßen, da Zeit kein Faktor gewesen ist – das Navi nahm mich beim Wort. Die Strecke durch die istrische Halbinsel war nicht nur abwechslungsreich, oft sind wir uns auch nicht sicher gewesen, welcher Abzweig bei den vielen kleinen Wegen nun der "richtige" war. Was uns unterwegs unter anderem eine feine Schotterstrecke bescherte, die zu zweit am Bock durchaus eine gewisse "Erlebnisgarantie" in sich barg…
…speziell bei der vorherrschenden Hitze und ohne Wasser dabei. So kamen wir dann doch einigermaßen geschlaucht in Momjan nahe der slowenischen Grenze an und legten nach dem ohnehin geplanten Halt am Weingut auch gleich eine Mittagspause zur Stärkung ein.
Schließlich stand noch einiges am Plan, ging's kurvenreich und immer gebirgiger weiter Richtung Norden. Inklusive slowenischer Grenzkammstraße Richtung Kobarid kamen wir voll auf unsere Kosten, im Vergleich zum Vormittag punkto Streckenwahl dennoch richtig entspannend für Sozia. Trotzdem waren wir dann schon einigermaßen geschlaucht, als wir nach einem langen Fahrtag in Bovec ankamen. Leider hatte die von mir favorisierte Gostišče Martinov Hram, wo ich immer wieder gerne absteige, kein Zimmer mehr für uns frei, so dass wir uns im Hotel Alp einquartierten. Ebenfalls im Zentrum gelegen, vermittelt das Haus für mich doch eher den Ostblock-Flair der sozialistischen 70er-Jahre, das Frühstück war aber in Ordnung. So wie vor allem auch das Abendessen zusammen mit Oliver im Martinov Hram, inklusive Benzingespräche bis zum späten Abend.
Dennoch hieß es Tags darauf früh aus den Federn, stand doch quasi die "Königsetappe" dieser Reise mit rund 600 Kilometern auf dem Programm. Gewürzt mit wohlvertrauten Schmankerln, die ich immer wieder gerne unter die Speichenräder des Tigers nehme. Etwa gleich zum munter werden die 51 Kehren des Vrsic-Sattels, an der Nordrampe mit dem "berüchtigten" Kopfsteinpflaster. Über den Wurzenpass gings danach zurück nach Österreich, wo wir am Klippitztörl die einzige echte Rast des Tages einlegten. Sieht man von zwei raschen Kaffee-Stopps direkt am Ufer des Ossiachersees bzw. in Mariazell ab, den obligaten Topfenstrudel in der Kalten Kuchl – zu der es ja eigentlich schon am ersten Tag hätte gehen sollen – ließen wir links liegen und kamen schließlich kurz nach Einbruch der Dunkelheit nach Hause.
Fazit:
Ähnlich wie schon die Herbst-Tour 2017 durch Krotien und Friaul war auch das wieder eine wunderbar entspannende Reise zusammen mit der besten Sozia wo gibt, in der das Genießen klar vor dem Kilometersammeln stand – und trotzdem hatte der Tiger nach den neun Tagen wieder knapp 3.000 Kilometer mehr auf der Uhr stehen…
Weil es die erste größere Tour nach meinem Schienbeinbruch im Juni gewesen ist, wusste ich jeden einzelnen davon noch mehr zu schätzen, als das sonst der Fall ist. Und auch wenn wir das schon lange wussten, entpuppte sich Istrien einmal mehr als hervorragendes Ziel, wenn fahrenswerte Strecken mit Badespaß und feinem Essen kombiniert werden sollen.
Mein neuer Helm:
Seit März fahre ich mit dem Touratech Aventuro Pro Carbon Jetzt bereit zur Anprobe & Testfahrt bei www.touratech.at
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Reisen ist tödlich
für Vorurteile.
Mark Twain
Unter Motorradfahrern gibt es keine Fremden - nur Freunde, die man noch nicht getroffen hat.
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